Vor 100 Jahren erfunden und so aktuell wie eh und je: Die Fischer-Tropsch-Synthese feierte Anfang Mai ihren 100. Geburtstag. Da das Verfahren in Mülheim-Ruhr, meiner Geburtsstadt, entwickelt wurde, war ich bei der Fachkonferenz Anfang Mai dabei. Es ging darum, wie das legendäre Verfahren heute angewendet werden kann. Aber nicht nur, weil Mülheim meine Heimatstadt ist, bin ich zurück zu den Wurzeln gegangen: Ich setze mich heute in der eFuel-Alliance für den Einsatz synthetischer (erneuerbarer) Kraftstoffe ein – und genau um deren Herstellung geht es auch bei der Fischer-Tropsch-Synthese.
Die beiden Chemiker Franz Fischer und Hans Tropsch haben es vor einem Jahrhundert geschafft, aus Kohle flüssigen Kraftstoff zu machen – also im Prinzip synthetisches Benzin. Bei der Synthese entstand ein Produkt ähnlich wie Erdöl, das man veredeln konnte. Die industrielle Produktion ließ nicht lange auf sich warten: Man stellte flüssige Kraft- und Schmierstoffe mit dieser Methode her.
Auch heute sei die Methode noch ein Schlüsselprozess jeder Energieumwandlung, erzählte der Direktor am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion Walter Leitner bei der Eröffnung. Am Max-Planck-Institut in Mülheim-Ruhr – damals noch Kaiser-Wilhelm-Institut – hatten die beiden Forscher Fischer und Tropsch seinerzeit die Methode entwickelt. Wer die Methode nicht kennt, kennt sicherlich deren Abfallprodukt: Es ist das Wachs, aus dem die Teelichter sind.
VIELE POTENZIALE
Heute interessiert sich insbesondere die Flugzeugindustrie für die Potenziale der Fischer-Tropsch-Synthese. Denn: Noch gibt es keine funktionierende Alternative zum Kerosin. Gleichzeitig ist der Druck auf die Fluggesellschaften groß, umweltfreundlicher zu werden. Da für die Methode der Ausgangsstoff nicht unbedingt Kohle sein muss, birgt sie viel Potenzial. Es ist zum Beispiel auch möglich, synthetische Kraftstoffe aus Biomasse und organischen Abfällen oder erneuerbaren Energien (Wind, Sonne, Wasser) in Kombination mit CO2 aus der Atmosphäre herzustellen. Genau das vertritt die eFuel-Alliance: Für jene Anwendungen, die nicht einfach elektrifiziert werden können, sollte es eine industrielle Produktion von synthetischen, flüssigen oder gasförmigen Kraft- und Brennstoffen geben. Und die könnte auch aus Regionen der Erde mit mehr Wind und Sonne wie Lateinamerika, oder Afrika verteilt werden und in diesen Ländern neue Einkommensmöglichkeiten schaffen. Das zeigte übrigens auch der Jubiläumskongress in Mülheim mit Teilnehmern aus vielen Ländern inklusive China und Indien.
Im Moment steht die Gesetzgebung in der EU einem Scale-up der Methode in der Mobilität von heute noch entgegen. Darum traut sich kein Investor oder Unternehmer, Geld in große Projekte zu stecken. Die EU sollte sich da bewegen, um neue Anwendungen im größeren Stil zu ermöglichen.
WINDSTROM WAR AUCH MAL TEUER
Das Hauptargument der Gegner ist wie bei vielen anderen Dingen: Das ist zu teuer. Ja, im Moment ist es teuer, synthetische Kraftstoffe herzustellen. Doch wir kennen es aus dem Bereich der erneuerbaren Energien: Eine Kilowattstunde Strom per Wind oder Sonne zu erzeugen, war am Anfang der Energiewende auch sehr teuer. Erinnern wir uns noch an das GROWIAN-Projekt in Brunsbüttel, bei dem 1 Kilowattstunde Strom 5 D-Mark (rund 2,50€) kostete und die Betreiber sagten, Windenergie würde nie kommerziell genutzt werden können. Heute bieten Unternehmen in Ausschreibungen für Windparks die Umsetzung teils sogar ohne staatliche Förderung an, eine Kilowattstunde kostet in Deutschland in der Herstellung 4 Cent, in windreichen Ländern wie zum Beispiel Chile sogar nur 1 Cent.
Wir brauchen also die richtigen Rahmenbedingungen: Den Umschwung brachte damals das Energieeinspeisegesetz. Heute brauchen wir nicht unbedingt Subventionen, aber kalkulierbare Rahmenbedingungen insbesondere auf der EU Ebene – wie etwa die Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED. Dann haben wir eine Chance, Energie klimafreundlich auch in Gegenden nutzbar zu machen, wo es gerade keine kontinuierliche Stromversorgung gibt.
Vielleicht also kommt für die Fischer-Tropsch-Synthese nochmal ein zweites goldenes Zeitalter.
Fotos in diesem Beitrag: © Robin Bitter / MPI für Kohlenforschung
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